Der Malbaum

 

 

Ein Malbaum schläft am Waldesrand

die Krone kahl vom letzten Schnee

er träumt sich zu neuem Stand

der Specht tut seiner Borke weh

 

Ein sanftes Flüstern treibt der Wind

der Mai schlägt Knospen tausendfach

all Sonnenpracht steigt auf geschwind

und küsst den alten Malbaum wach

 

Ein Wandersmann mit Hut und Hund

streckt am Stamme das müd Gebein

kerkert Schönwort auf gilben Grund

für die Liebste sein

 

Ein Waisenkind gebückt vor Kummer

weint jämmerlich drunterm Blätterkleid

bald übermannt von friedlich Schlummer

schnürt Seelkorsett im Schlaf ihr Leid

 

Die Jahre stehen zäh im Land

rings um ihn sich Felder drängen

all Wald gefällt bei Menschen Hand

unter moralisch edlen Zwängen

 

Und wenn er nicht gerodet wurde

steht Malbaum dort noch heute