Zweiter Frühling

 

 

Der Weltenlauf geschuldet

ward das Winterkleid verblasst

ergießt sich in die Meere wieder

nimm hinfort der Schwermut Last

 

So blicket auf ihr Wiederkäuer

vernehmt des Frühlings zarten Hauch

aus der Knospenpracht am Bache

und aus nahem Fliederstrauch

 

Südlich Wind frohlockt die Glocke

wurd wachgeküsst aus eisigem Traum

treibt den Frost aus ihrem Rhizom

ein Maiglöckchen im Blütensaum

 

Aus fremden Landen heimgekehrt

Sehnsucht schwer auf edlen Schwingen

nisten alsbald in tauben Muscheln

wer Trübsinn trägt vernimmt ihr singen

 

Oh, Frühlingssonn begehre auf

lass die Nebelfelder brennen

müssen nach dem Lichtertanze

aus meinen kalten Augen rennen

 

Knechte, Mägde, Knaben, Maiden

bilden gar lieblich Menschenreigen

im stillen Forst, auf grünen Weiden

solln demütig sie sich verneigen

 

 

 

Aufgenommen in das lyrische Großwerk „Frankfurter Bibliothek 2015“. Veröffentlicht u.a. in der Wiener Staatsbibliothek, in der Schweizer Nationalbibliothek, in der Französischen Nationalbibliothek und in der

National Library of Congress in Washington.